3.1.2020

Wovon hängt unser Glück ab?

Glücksforscher meinen herausgefunden zu haben, wovon unser Glückszustand abhängt: Während die „Unglücksraben“ unter der Bosheit der Dinge leiden, lebt das „Glückskind in einer Glückshaut“, und ihm sind alle Dinge gute Gesellen. Glückskinder sind Lieblinge des Zufalls, sie treten meistens keinem Verein bei und leben vielfach allein. Sie gehen nicht mit der Mode und haben viele Feinde und Neider. Ihre Lebensweichen sind nicht auf geordneten Gleichlauf in mittlerer Geschwindigkeit gestellt, und so werden sie oft seelisch durcheinandergerüttelt. Bei Glückskindern kann man nicht in die Schule gehen; denn sie eignen sich nicht als Lehrer. Jeder muß sich seinen eigenen Glückszustand zimmern. Ein Glückskind kann man nur bestaunen, es wird nie richtig erwachsen.

Glück kann man nicht lernen; denn es geht dabei um Gefühle, um Empfindungen. Es wäre auch völlig falsch, sich das Glück zum Ziel zu setzen. Wer Glück und Lust direkt anstrebt, verfehlt beides, weil der ersparte Umweg und die Abkürzung zur Sackgasse werden. Wer das Glück erjagen will, verjagt es. Glück ist wie ein Schmetterling: Will man es einfangen, so entwischt es immer wieder. Wartet man jedoch geduldig, läßt es sich vielleicht auf der Hand nieder. Glück schwebt der guten Tat nicht voran, vielmehr trägt sie es auf dem Rücken; der Mensch findet sein Glück im Glück der anderen. Wenn er sich über deren Glück freut, dann bleibt es ihm.

Um glücklich zu sein, helfen sich manche Menschen, indem sie bestimmte Lebensumstände mit früher vergleichen oder mit denen von Menschen, denen es noch schlechter geht. Es unterscheidet uns aber nicht die Anzahl von unangenehmen bis leidvollen Erfahrungen, sondern die Art und Weise, wie wir darauf reagieren und damit umgehen.

Es gibt kein gleiches Glück für alle, eher ist es ein Glück, verschieden zu sein. Auch ist noch nie eine Gesellschaft der gleichen Ränge gelungen. Nicht einmal die Ersatzstoffe des Glücks werden auf gleiche Weise genossen, die Art des Tabakgenusses zum Beispiel war früher abhängig vom Stand: Der Arbeiter kaute den Tabak, der Adel schnupfte ihn, der Soldat rauchte ihn in der Pfeife, und dem Unternehmer stand die Zigarre zu.

Viele Menschen wollen andere dafür verantwortlich machen, daß sie unglücklich sind. Aber für die Bedingungen seines Glücks muß jeder persönlich sorgen. Selbst wenn alle denkbaren äußeren Bedingungen fürs Glücklichsein geschaffen wären, wäre das keine Glücksgarantie.

Reiche Leute sind nicht die glücklichsten Menschen. Glücklichsein hängt auch nicht von Charakter oder Veranlagung ab, nicht von der gesellschaftlichen Position oder von öffentlicher Anerkennung, weder von Abwesenheit von Krankheit noch von der Existenz einer guten Zweierbeziehung. All das kann zum Glücklichsein eines Menschen beitragen, und andere werden vermutlich sagen: „Der hat aber Glück gehabt!“

Wahres Glück aber ist umfassender; es läßt sich nicht abhängig machen, sondern hat mit der irdischen Empfindung zu tun, die es erlebbar werden läßt.

Wird der heutige Tag ein glücklicher Tag?