Zur Polarität der Schöpfung gehören auch Tag und Nacht
Das Gesetz des Tages ordnet unser Leben und fordert die Verwirklichung der Welt. Die Nacht aber hat ein schauerndes Verhältnis zum Tod. Sie ist der kleine Bruder des Todes. In der Todessehnsucht liegt das Verlangen nach dem Einssein mit dem ALLEINEN.
Karl Jaspers (1883-1969) formuliert: „Die Erscheinung der Leidenschaft zur Nacht konkreter zu beschreiben, scheitert, weil alles bestimmt Gesagte in die Helligkeit des Tages gerückt dadurch ihm angehört und seinem Gesetz untersteht.“ Das Gesetz des Tages gehört dem Bewußtsein am Ende dieser klaren Welt. In der Nacht erscheinen die zuvor abgewiesenen Dämonen.
Als Wesen des Tages habe ich das gute Gewissen, das Rechte zu tun. Es bleibt aber die Frage, ob nicht die Hoffnungslosigkeit vor dem Geheimnis der Nacht erst die letzte Transzendenz in die Seele bringt.
Als Tagwesen vertraue ich meinem Gott, trotz der Angst vor mir fremden Mächten. Der Nacht verfallen, gebe ich mich der Tiefe hin, in der sie sich in die erfüllende Wahrheit verwandelt.
Die zwei Welten bilden eine immer endlos undurchsichtige Polarität; die eine entzündet sich an der anderen. Ich kann sie zwar erhellend einander gegenüberstellen, aber nicht im Denken ihr Sein erkennen.